Party: Veras Kabinett live
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Nicht viele Singer/Songwriter verbinden persönliche deutsche Texte mit Musik, die über bekannte Folkund
Poprock-Horizonte hinaus schaut. Natürlich Konstantin Wecker, oder, auf musikalisch ganz andere Art,
die Wienerin Eva Jantschitsch alias Gustav. Auch das Berliner Trio Veras Kabinett überquert Genregrenzen,
bewahrt dabei aber wunderbare Leichtigkeit. Wer das neue Album Ungetüm hört, mag deswegen
manchmal an französische Chansons denken. Die Sängerin und Pianistin Vera Mohrs hat ein feines Gespür
dafür, nachdenkliche Texte mit Ohrwurm-Refrains und variablen Arrangements zu verbinden. „Ich finde es
interessant, alle Facetten des Lebens anzunehmen und zu bejahen, auch wenn das eine Herausforderung
ist“, erklärt die Komponistin und Autorin ihre Grundhaltung. Entsprechend zeigen Mohrs' poetische Lieder
Courage und vermeiden Herz-Schmerz-Plattitüden. Ihre Tiefe kommt mit Humor oder einem Hauch
Melancholie, auf jeden Fall subtil und atmosphärisch daher.
Vera Mohrs geht mit offenen Augen durch die Welt. Mal wirkt sie als Chronistin gesellschaftlicher
Phänomene, mal sinniert sie über die Zerrissenheit zwischen Aufbruchsstimmung und Klammern am
Bekannten. Auch wenn die lebensnahen Texte viel mit ihr selbst zu tun haben, sind sie gewitzt abstrahiert
und selbst in der (selten benutzten) Ich-Form kein vertontes Tagebuch. Vera Mohrs schaut hinter Fassaden
und beleuchtet Details. Sie entführt uns an nächtliche Tresen oder in die harte Realität der Legehennen-
Industrie, bricht aus symbolischen Glashäusern aus oder fährt lustvoll Karussell. Entsprechend schwankt
die Stimmung von Ermunterung über Zweifel zu Überschwang. Unverhohlen demaskiert Mohrs Illusionen,
beschreibt hintergründig den eigenen künstlerischen Antrieb oder zartbittere Einsichten in die
Vergänglichkeit.